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Wie Süßgetränke die Entwicklung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa fördern

Entzündliche Darmerkrankungen sind in den letzten Jahren in westlichen Ländern häufiger geworden. Sie treten in immer früherem Lebensalter auf, manchmal sogar bei Kindern. Die Ursache der beiden Erkrankungen ist unbekannt. Als Auslöser wird jedoch eine Störung der Schleimbarriere vermutet, die das Eindringen von Bakterien in die Schleimhaut begünstigen könnte.

Eine zuckerreiche Diät stimuliert die Vermehrung von Darmbakterien, die die Schleimschicht im Dickdarm zerstören und damit eine Entzündung fördern, die dem Morbus Crohn und der Colitis ulcerosa zugrunde liegen.Dies geht aus tierexperimentellen Studien in Science Translational Medicine(2020: DOI: 10.1126/scitranslmed.aay6218) hervor. Sie liefern eine Erklärung für die Zunahme von entzündlichen Darmerkrankungen in Ländern mit einer westlichen Ernährungsweise, die durch einen steigenden Verzehr von Zucker gekennzeichnet ist.

Ein Team um Hasan Zaki vom Southwestern Medical Center in Houston hat diese Hypo­these in einer Reihe von Experimenten an Mäusen untersucht. Die Tiere wurden über 7 Tage mit einer 10-prozentigen Zuckerlösung ernährt, was nach Ansicht der Forscher klinisch relevant ist, da viele Softdrinks 15 % Zucker enthalten. Danach wurde den Tieren Dextransulfat-Natriumsalz (DSS) gegeben, was bei den Tieren eine schwere Kolitis mit Blutungen, Durchfällen, Gewichtsverlust und einer Verkürzung des Darms auslöste. Tiere, die vorher normal gefüttert wurden, zeigten keine Reaktion auf DSS.

Ähnliche Beobachtungen wurden an Mäusen gemacht, die aufgrund eines defekten Gens für das Zytokin Interleukin 10 eine erhöhte Anfälligkeit auf eine Kolitis hatten. Diese Tiere entwickelten, wenn sie ab der 14. Woche mit dem gesüßten Wasser ernährt wurden im Alter von 19 Wochen zu 90 % eine Kolitis. In einer Kontrollgruppe erkrankten nur 40 % der Tiere.

Die genaue Untersuchung des Darms ergab, dass die Zuckerlösung keine direkten Schäden an der Schleimhaut verursachte. Sie löste weder eine Entzündung aus noch gab es Hinweise auf eine Störung der Barrierefunktion. Nachweisbar war jedoch eine Verän­derung der Darmflora. Die Darmbakterien reagierten schon nach wenigen Tagen auf das veränderte Nährstoffangebot. Einige Bakterien vermehrten sich stärker, andere gingen zurück.

Zu den Bakterien, die sich dank der Zuckerlösungen ausbreiten konnten, gehörten Akkermansiaceae und eine andere Spezies, die die Schleimschicht auf dem Epithel angreifen. An einigen Stellen kam es zu einer regelrechten Erosion des Mukus. Das Epithel war dann schutzlos dem Angriff der Bakterien ausgesetzt.

Die Rolle der Bakterien konnte in einem weiteren Experiment belegt werden, in dem die Tiere vor der Gabe von DSS mit einem Antibiotikum behandelt wurden, das die Bakterien aus dem Darm beseitigt. Bei diesen Tieren konnte nach einer zuckerhaltigen Ernährung durch DSS nur eine abgeschwächte Kolitis ausgelöst werden. Auch Tiere, die keimfrei aufgezogen wurden und deshalb keine Darmbakterien haben, reagierten auf die Zucker­lösun­gen nicht mit einer vermehrten Empfindlichkeit auf DSS.

Eine Kolitis konnte jedoch provoziert werden, wenn die Tiere eine Stuhltransplantation von Spendertieren erhielten, deren Mikrobiom zuvor durch eine zuckerhaltige Ernährung gestört wurde. Die Experimente liefern eine plausible Erklärung für die Beobachtung in epidemiologischen Studien, die Morbus Crohn und Colitis ulcerosa mit einer zuckerhalti­gen Ernährung in Verbindung bringen.

Der häufige Konsum von Süßgetränken könnte zu einer Störung der Darmflora führen. Es kommt zu einer Ausbreitung von Bakterien, die die Mukusschicht ausdünnen und die Schleimhaut an einigen Stellen bloßlegen, Dort könnten dann normale Darmbakterien die typischen Läsionen der entzündlichen Darmerkrankungen auslösen. 
© rme/aerzteblatt.de